Franz de Jong
Am Vorabend des Vergessens
Der Name des Autors ist Franz de Jong. Das ist ein Pseudonym. Grund für das Pseudonym war die gewollte Distanz zu den Sachbüchern und Fernsehdokumentationen, die unter meinem Namen, Paul Halbe, veröffentlicht beziehungsweise gesendet wurden. Die Bereiche sollten getrennt bleiben.
Das vorliegende E‑Book gibt es nur als Download auf der SINNphOLL®-Website als “Prosa”. Alle Rechte sind vorbehalten.
Das Buch ist nicht im stillen Kämmerlein entstanden. Es erzählt und dialogisiert Erfahrungen und Einsichten vieler Jahre intensiven Lebens. Selbst erlebt, miterlebt, beobachtet, reflektiert. Die Handlungsebene umfasst das Jahr vor der Jahrhundertwende und die frühen Jahre des neuen Jahrhunderts.
Die handelnden Personen und Ereignisse sind frei erfunden. Aber in ihnen spiegeln sich Situationen aus einer Vielzahl von Begegnungen mit Menschen unserer Zeit in verschiedenen Gesellschaften wider. Den mir nahe stehenden Personen, meinen Freunden und Bekannten danke ich herzlich für ihre Begleitung, streckenweise Mitarbeit und Beiträge zur visuellen Gestaltung; besonders danke ich meiner Frau, der ich dieses Buch widme.
Die einzelnen Kapitel
1. Urlaubsfreuden
Die prächtige Einfahrt war hell ausgeleuchtet. Hinter ihm schloss sich automatisch das Tor. James Bond in der Falle, dachte er. Das Gelände, ein leicht terrassierter Hang mit angestrahlten Palmen, deren Wedel im Wind flatterten, das Haus hochherrschaftlich. Hundegebell. Frau Schneider kam ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen: „Da sind Sie ja endlich!“
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2. Arbeitsalltag
Eine Loipe, die auf Forstwegen im Gebiet des Brachkopfs ausgeschildert war, wurde aufgehoben, weil einige Skiläufer es nicht lassen konnten, von ihr abzuweichen. Wie in anderen Lebensbereichen: Die Unvernunft weniger führt zum Verbot für alle.
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3. Voll im Einsatz
„Wissen Sie, Hirschberg, ich mag keine Leute, die sich die Hände nicht schmutzig machen wollen. Es gibt in diesem Land viel zu viele Leute, die an den Politikern kein gutes Haar lassen, die alles besser wissen – manche haben das sogar zu ihrem Beruf gemacht – , aber dahin kommen, wo Politik gemacht wird, wollen sie nicht; dafür sind sie sich zu fein, da könnte man ja strapaziert werden, da könnten vielleicht die Hobbys drunter leiden. So verkommt eine Demokratie.”
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4. Talente nutzen
„Wir haben doch moderne Kommunikationsmittel. Wissensvermittlung erhält der Schüler zuhause. Er hat dort einen Lerncomputer, so wie der Vater oder die Mutter, wenn sie beispielsweise als Telearbeiter tätig sind – es wird eine weit verbreitete Arbeitsform der Zukunft sein, zuhause einen Arbeitscomputer zu haben. Für die Kinder folgt also auf den Spielcomputer der Lerncomputer.”
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5. Gedankenflüge
Zwischen zwei Bissen kam von ihr dann die Frage: „Können wir mal zur Sache kommen? Wie ich Ihnen schon am Telefon sagte, hat der Professor die Idee, in Palma eine Reihe von Vorträgen über Kunst anzubieten. Wir haben bei mir schon mal eine kleine Testveranstaltung gemacht – das ist sehr gut angekommen.“
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6. Rollenwechsel
Er hasste diese Wartesituationen. Hatte er etwa Zeit zu verschwenden? Diese entschuldigenden Nettigkeiten, mit denen kaschiert, aber nichts geändert wurde, waren ihm zuwider. Und er war sich nie sicher, ob nicht eine Machtdemonstration dahintersteckte: Ich kann es mir leisten, andere warten zu lassen; meine Zeit ist kostbar, die Zeit anderer nicht.
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7. Schlag auf Schlag
„Ich habe mich von Günter getrennt. Nicht dass wir uns gestritten hätten. Man kann sich mit ihm gar nicht streiten. Er kann sich von seiner Mutter nicht lösen. Er gibt immer nach. Kann keine Konflikte austragen. Er ist ein Weichei. Auf die Dauer würde ich ihn erdrücken.“
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8. Weichenstellungen
Sie fragte sich: Worauf will er hinaus? Es war genau dieses Thema, das sie nicht ausstehen konnte. Aber Männer konnten offenbar nicht anders, als darauf anzuspielen. Mit Komplimenten aller Art. Aber dabei blieb es natürlich nicht. Da hatte sie schon viel erlebt.
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9. Prekäre Liebe
„Arbeitgeber verlangen heute volles Engagement. Wer Karriere machen will, muss mobil und jederzeit verfügbar sein. Man verbringt mehr Zeit im Job als in Ehe und Familie. Das braucht eine andere Art von Ehe und Familie.“
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10. Freudentränen
Angel: „Es ist phantastisch, wie die Medizin heute Menschen kreieren kann.“ Thomas: „Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele schöne Menschen wie hier in Rio.“ Hirschberg: „Dann bin ich hier ja richtig.“ Katha: „Ich möchte unerkannt bleiben.“ Thomas: „Klar inkognito. Wir beschützen Sie.“ Katha: „Ich verlasse mich darauf.“ Angel: “Wir werden jeden gnadenlos verprügeln, der Sie fotografieren will.“ Katha: „Wie Ernst August, gut so!“
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11. Hochzeitsglocken
Joana: „Mit den staatlichen Fürsorge-Einrichtungen läuft das Single-Leben doch. Die Medien bedienen uns mit Vorbildern und Verhaltensmustern. Die Wirtschaft überschwemmt uns geradezu mit Gütern und Dienstleistungen aller Art, bei deren Herstellung wir das Geld verdienen, das wir zu ihrem Kauf brauchen. Was läuft da schief?“
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12. Kathas Entscheidung
Katha lag wach in ihrem Bett. Es war noch früh am Morgen. Sie hatte nur wenig geschlafen, und nicht sehr erholsam. Denn sie war aufgewühlt, aus ihrem Gleichgewicht geraten. Grund war der Besuch ihrer Mutter. Mit ihr hatte sie einen furchtbaren Streit.
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13. Gemeinschaft lernen
„Uns steht ein Jahrhundert der Frau bevor. Und die jungen Männer spüren das. Die Mädchen sind in der Schule besser, sie machen die besseren Studienabschlüsse, sie drängen in alle Berufe und Karrierestufen. Da ist es doch völlig verständlich, dass die Männer unsicher werden, um ihre Positionen und Karrieren fürchten, die Ellenbogen ausfahren, den Macho herauskehren, Existenzangst bekommen, Amok laufen – oder unter Mutters Rockschöße zurück wollen.“
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14. Zukunftswille
Im Elternhaus hatte sie keine religiöse Erziehung bekommen. Ihre Erstkommunion war eher fremdbestimmt, weil ihre Klassenkameradinnen daran teilnahmen. Der Vorbereitungsunterricht durch eine Katechetin hatte sie nicht beeindruckt. Katha war eine Neuheidin.
„Der Stamm des Kreuzes wurzelt in jüdischer Erde. Der Querbalken mit den offenen Armen Jesu umfasst die Gegenwart. Verkünden ist Aufgabe aller, von Männern und Frauen.“
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15. Lebensvielfalt
Nachdem es wieder ganz ruhig in ihr geworden war, stand sie vorsichtig auf, ließ den Morgenmantel fallen und streifte den Schlafanzug ab. Sie stellte sich auf die Waage, dann seitwärts vor den großen Spiegel. Sie hatte ein wenig zugenommen. Von einem Schwangerschaftsbauch konnte indes noch keine Rede sein.
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16. Ursprungsland
„Welch ein herrliches Gut Gastfreundschaft ist, das erleben wir bei euch in großartiger Weise. Wie ihr uns aufgenommen habt, wie uns Shimon das Land gezeigt hat, wie ihr heute uns diesen Hochzeitstag bereitet – das bewegt uns tief und macht uns glücklich.“
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17. Glückliche Familie
Sie saßen stumm aneinander geschmiegt. Den ganzen Tag über war es nicht richtig hell geworden. Eintöniges Grau bedeckte den Himmel. Kein Lüftchen regte sich. Kein Laut. Jetzt fielen aus diesem Grau der unendlichen Stille Schneeflocken, die ersten dieses Winters. Die Beiden rührten sich nicht, ließen sich vom stärker werdenden Schneefall in die Natur einbeziehen, die nun in ihren Winterschlaf gebettet wurde.
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18. Vorabend
„Die Welt kann Schönheit nicht ertragen. Sie will Schönheit besitzen. Da sie ihrer nicht habhaft werden kann, macht sie Schönheit zum Fetisch. Als Trugbild wird sie vermarktet. Schönheit, die sich nicht vermarkten lässt, wird ausgelöscht. Schönheit als Sinnbild einer schönen Seele hat bei uns keine Chance. Schönheit wird nicht wahrgenommen, sondern angegafft, mit Kameras verfolgt und von Begierden zu Tode gehetzt. Katharina war eine schöne Frau.“
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