Alleiniger Eigentümer: Gott

Wie ich versuche, die Gebote Gottes als
meine Lebens­wirk­lichkeit zu verstehen

Bei uns zuhause wurde sparsam gewirt­schaftet. Meine Eltern achteten darauf, dass sorgsam mit den Dingen umgegangen wurde. Wir wohnten zur Miete. Geschenke gab es Weihnachten und am Geburtstag. Wir waren nicht reich. Meine Eltern hatten nichts geerbt. Es war Nazizeit, Krieg, Nachkriegszeit. Doch ich hatte nie den Eindruck von Entbehrungen.

Bei den Jungen der Nachbar­schaft und den Klassen­ka­me­raden stellte ich bei dem einen oder anderen fest, dass er in wohlha­benden Verhält­nissen lebte; aber das hat mich nie beein­druckt. Trieb­feder meines Handelns war nicht, etwas haben zu wollen, sondern Neugier. Ergaben sich daraus Wünsche, musste ich meine Eltern vom Wofür überzeugen.

An zwei Stellen des Alten Testa­ments wird aufgeführt:

Du sollst nicht stehlen. > Buch Exodus
…, du sollst nicht stehlen, … > Buch Deuteronomium

Im Zusam­menhang mit diesem Gebot stehen zwei andere Textstellen:

Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen.
> Buch Exodus
…, und du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren, nicht sein Feld, seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel, nichts, was deinem Nächsten gehört.
>Buch Deuteronomium

Die Diebe sind unter uns

Auf jedem Flughafen werden wir ermahnt, auf unser Gepäck aufzu­passen. Unsere Wohnung, unser Auto, unseren ganzen Besitz müssen wir absichern und abschließen. Im Internet müssen wir uns vor Datenklau schützen und Passwörter benutzen. Um Schaden zu begrenzen, können wir Versi­che­rungen abschließen. Ideellen Schaden ersetzt uns niemand. Nichts ist vor Dieben und Einbre­chern sicher. Nein, wir leben nicht im Paradies.

Nicht stehlen und mit dem zufrieden sein, was man hat! Für nicht wenige Menschen ist das ein Problem. Statt das Ererbte zu bewahren und zu vermehren, statt sich an der Schaffung von Gütern und dem Erstellen von Dienst­leis­tungen sowie ihrem Austausch über Märkte zu betei­ligen, nutzen nicht wenige Mitmen­schen ihre Intel­ligenz und Kraft lieber dazu, anderen Menschen weg zu nehmen, was sie haben wollen oder zu Geld machen können.

Christus geht an die Wurzel des Übels: „Wer mein Jünger sein will, lasse alles hinter sich, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Dem reichen Jüngling sagt er: Alles verkaufen und das Geld den Armen geben. Das ist die radikale Alter­native, die das Reich Gottes in Aussicht stellt. Im Vergleich dazu ist jeder irdische Besitz wertlos. Zum Überleben brauchen wir indes Nahrung, Kleidung und ein Dach über dem Kopf.

Wohlstand als Lebensziel

„Hast im Leben schlechte Karten, musst du auf das Jenseits warten.“ Diesen Spruch trugen Protestler der sechziger Jahre auf Trans­pa­renten vor sich her. Das war ihr Spott für Christen, die ihre Vorstel­lungen von Gesell­schaft nicht teilten. Viele unserer Zeitge­nossen halten das Reich Gottes für eine Vertröstung, an die sie nicht glauben. Nach dem Scheitern der sozia­lis­ti­schen Dikta­turen versuchen sie jetzt auf eigene Faust, zu Reichtum zu gelangen.

Nach dem zweiten Weltkrieg hat im zerstörten Deutschland eine Wirtschafts­po­litik zu allge­meinem Wohlstand geführt, die eine Orien­tierung an christ­lichem Sozial­ver­ständnis voraus­setzt. Doch Wohlstand weckt Begehr­lich­keiten. Denn gerecht verteilt ist Wohlstand nie. Als der Protagonist dieser Wirtschafts­po­litik, Ludwig Erhard, zur Rettung seines Erfolgs­mo­dells, der Sozialen Markt­wirt­schaft, zum Maßhalten aufrief, wurde er verhöhnt.

Auch Menschen, die nicht an Gott glauben, wissen jedoch um die Notwen­digkeit des „nicht stehlen“. Ohne Gesetze, Gerichte und Polizei, die vor „Mord und Totschlag“, vor „Lügen und Verleum­dungen“ und vor „Raub und Diebstahl“ schützen, ist keine Gesell­schaft überle­bens­fähig. Denn sonst herrscht Gewalt, ist kein Frieden möglich. Wir, die wir in einem Rechts­staat leben, können uns – trotz aller Unzuläng­lich­keiten – glücklich schätzen.

„Selbst­ver­dientes Brot“ essen!

Es gibt Menschen, die ihr Leben in aller Konse­quenz nach den Anfor­de­rungen Jesu führen oder geführt haben. Heraus­ragend: der heilige Franziskus. Warum diese Radika­lität auf dem Weg zu Gott? Weil wir nackt geboren werden und genauso die Welt wieder verlassen. Weil die paar Jahrzehnte eines Erden­lebens zeitlich unbedeutend sind im Vergleich zum ewigen Leben. Weil die Freuden eines Erden­lebens nichts sind, verglichen mit den Freuden im Reich Gottes.

Da Luft allein zum Überleben aber nicht ausreicht, ist zu fragen: Soll ich meinen Lebens­un­terhalt selbst verdienen oder soll ich als Mittel­loser in der Nachfolge Christi von dem leben, was mir Spender oder die staat­liche Umver­teilung zukommen lassen? Der heilige Paulus gibt die Antwort. Er hat Wert darauf gelegt, sein Leben durch eigene Arbeit zu bestreiten. So war er unabhängig. Seine Mahnung: selbst­ver­dientes Brot essen.

Ihr Überleben haben die Menschen seit jeher in Gruppen organi­siert. Im Lauf der Zeit entstanden immer wieder neue Völker, die Hab und Gut für sich schufen. Heute ist die Welt aufge­teilt. In der Folge von Forschung und Entwicklung wird sie Tag für Tag immer mehr verändert, manche sagen: ausge­beutet. Millionen Menschen leben in Armut. Täglich verhungern Tausende. Reicht die Erde für die Menschheit nicht mehr aus?

Auf Gott hin orien­tierte Lebensgestaltung

Wer sein Leben als Pilgerweg „hin zu Gott“ versteht, wird sich eher mit einer beschei­denen Lebens­führung zurecht­finden als Menschen, die der Meinung sind, nach dem Tod ist alles aus. Bewusst gelebte Beschei­denheit braucht ein stabiles Selbst­be­wusstsein. Frei von Presti­ge­be­dürf­nissen. Unabhängig von der Wertschätzung anderer anhand zur Schau getra­genen Wohlstands, der zur Maßlo­sigkeit neigt.

Ein stabiles Selbst­be­wusstsein gibt dem Leben Konti­nuität. Das gelingt, wenn ich mich in die Schöpfung Gottes so einordne, wie es mir zukommt: Er ist der Schöpfer, ich sein Geschöpf; er ist vollkommen, ich unvoll­kommen. Oder einfach ausge­drückt: Er ist der Vater, ich sein Kind. Sich aus diesem Selbst­ver­ständnis heraus auf die Welt einzu­lassen, hilft auf dem Lebensweg, nicht in Selbst­herr­lichkeit zu verfallen und alles haben zu wollen.

Zur Entwicklung solchen Selbst­ver­ständ­nisses gehört, sein Leben nicht zu verein­sei­tigen. Ich reduziere mich als Person, wenn ich meinen Beruf für mich lebens­be­stimmend mache. Oder nur für die Freuden meiner Freizeit lebe. Oder mich auf die Engstir­nigkeit einer esote­ri­schen Gruppen­zu­ge­hö­rigkeit einlasse. Wir sind so vielfältig begabt! Die Möglich­keiten, sich auf dieser Welt im Sinne ihres Schöpfers nützlich zu machen, sind unendlich.

Gottes Schöpfung uns nicht stehlen lassen!

Auch wenn wir nicht die Eigen­tümer dieser Welt sind: Wir dürfen sie als Lebens­vorgabe nutzen. Damit sie das für alle Menschen sein kann, gibt es Forde­rungen der Vernunft: keinen Raubbau betreiben, die Umwelt schützen, der Verschwendung entge­gen­treten, die Vorgaben der Natur intel­ligent nutzen. Doch das Gegenteil geschieht: Begierden werden ausgelebt, Wünsche auf Kosten anderer erfüllt. Rücksichts­loser Diebstahl der Selbstherrlichkeit.

Das Lebensziel “Reich Gottes“ macht den Unter­schied: Es konzen­triert unser Leben auf ein Maß an Lebens­standard, das dem Lebenssinn gerecht wird. Wohlstand allein macht keinen Sinn. Erst wenn wir unseren Besitz zur Entfaltung unserer Talente nutzen, in der Sorge für die nachfol­gende und die voraus­ge­hende Generation, für kranke und Menschen in Not, für ein auskömm­liches Mitein­ander – nur dann bekommt unser Hab und Gut Sinn.

Reichtum ist eine Versuchung

Die Zugehö­rigkeit zu einer Familie, zu Nachbar­schaft und Vereinen, zu Bekannten- und Kolle­gen­kreisen bringt Versu­chungen mit sich: im Lebensstil mithalten, sich keine „Armuts­blöße“ geben. Es fällt schwer: dieser Außen­steuerung nicht zu verfallen und statt dessen: wegzu­lassen, was nur Zeit raubt; Muße zu pflegen, statt sich ständig um etwas kümmern zu müssen; Besitz zu reduzieren, statt ihn zum Stress werden zu lassen.

Geiz genauso wie leicht­fer­tiges Geldaus­geben sind Verhal­tens­weisen, die mit Lebens­tüch­tigkeit nichts zu tun haben. Es sind eher psychische Krank­heiten. Im Umgang mit Geld wie mit Hab und Gut kommt es auf das richtige Maß an. Das richtige Maß? Das ist eine Gewis­sens­frage, die sich jeder Besitzer selbst beant­worten muss. Wovon hängt mein Wohlbe­finden letztlich ab? Wie gehe ich mit den Dingen des täglichen Lebens um?

Wenn ich bei Menschen die Zurschau­stellung ihres Reichtums sehe, kann ich den Neid anderer Menschen verstehen. Stelle ich dann noch fest, wie das Selbst­be­wusstsein mancher Menschen sich auf ihr Hab und Gut gründet, werde ich traurig. In so mancher Villa herrscht zwar keine materielle Not, aber geistige Armut. Dann muss ich mich ermahnen: Kein Urteil fällen! Nur Gott kann ein gerechtes Urteil über die Verwendung von Besitz fällen.

Reichtum – Segen oder Fluch?

Nicht was einer hat, sondern was einer mit dem tut, was er hat, ist entscheidend für den verant­wor­tungs­vollen Umgang mit Besitz. Das Ärgernis ist der verschwen­de­rische oder gar vernich­tende Umgang mit dem Eigentum Gottes. Das Agieren eines Super­reichen kann aufgrund seines Kapital­ein­satzes, seiner Inves­ti­tionen und unter­neh­me­ri­schen Leistung recht Bedeut­sames dazu beitragen, dass die Schöpfung erhalten wird.

Anderer­seits: Wer seinen Besitz – sei es viel oder wenig – durch Diebstahl erlangt hat und dazu benutzt, sich seine Paradies­wünsche zu erfüllen – der wird sich vor Gott, dem Eigen­tümer, verant­worten müssen. Denn besitzen heißt: Kein anderer kann haben, was ich habe. Was ich von den Gaben dieser Erde als Hab und Gut mir aneigne, ist anderen entzogen. Wer Grund und Boden besitzt, unter­wirft ihn seinen Nutzungsvorstellungen.

Der Reichtum der Katho­li­schen Kirche

In jahrhun­der­te­langen Ausein­an­der­set­zungen mit den weltlichen Herrschern hat die Katho­lische Kirche es geschafft, heute eine unabhängige Weltin­sti­tution zu sein. Sie agiert global. Sie ist keiner Regierung und keiner Länder­gruppe verpflichtet oder gar untertan. Sie braucht keinen weltlichen Schutz­herren. Keiner Region und keinem Herrschafts­gebiet ist sie zugehörig. Sie ist reich an Kunst- und Kultge­gen­ständen des von ihr vermit­telten Glaubens.

Auftrag der Kirche ist die Weitergabe des Glaubens, so wie Gott ihn offenbart hat. Als weltliche Organi­sation und Insti­tution ist die Kirche einge­bunden in Raum und Zeit. Sie ist auf die materi­ellen Vorgaben bei der Erfüllung ihres Auftrags angewiesen. Die Päpste und ihre Mitar­beiter haben entspre­chend ihrem Wissen und ihrem Charakter, ihrer Bildung und Berufung davon Gebrauch gemacht. Als unvoll­kommene Menschen.

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