Kapitel 29

Eine selten gewordene Lebens­ein­stellung: dienen

Beruf­liche Leistungen sind die Voraus­setzung für ein Leben in Wohlstand. Märkte, durch direkte oder indirekte Einfluss­nahme des Staates mehr oder weniger regle­men­tiert, geben den Leistungen einen in Geld ausge­drückten Wert. Doch es gibt Leistungen, die keinen Markt haben: das freiwillige Dienen ohne Gegen­leistung. Einander dienen jenseits von Angebot und Nachfrage – daraus ergibt sich Lebenssinn.

Dienen – wem denn?

Nein, wir müssen niemandem dienen. Wir leben in einer Gesell­schaft, in der die Menschen sich von den Zwängen des Dienens befreit haben. Vorbei die Jahrtau­sende, in denen der Stärkere den Schwä­cheren zu seinem Sklaven machen konnte. Zuletzt haben sich, ihren Aufklärern und Front­kämpfern folgend, die Arbeiter und die Frauen befreit. Sowohl der Zusam­men­schluss zur revolu­tio­nären Massen­be­wegung als auch die Taktik des intel­lek­tu­ellen Klein­kriegs haben die Herrschafts­struk­turen der Vergan­genheit aufgelöst. Wir sind freie Menschen.

Nicht einmal uns selbst müssen wir dienen. Wir können rauchen, bis unsere Lunge verkohlt ist; trinken, bis unsere Sinne verschwimmen; Fett ansetzen, bis der Kreislauf zusam­men­bricht; uns mit Esoterik voll saugen, bis die Augen allwissend ins Nichts schauen; singu­la­ri­siert leben, bis irgend­einem auffällt, uns schon lange nicht mehr gesehen zu haben.

Der aufge­klärte und freiheits­lie­bende Sozial­staat übernimmt die Folgen der Selbst­schä­di­gungen auf Kosten der Allge­meinheit. Nur bei zu großer Schädigung auch noch anderer, beispiels­weise Passiv­raucher, und bei zu hohen Kosten, beispiels­weise Krank­heits­kosten, schränkt der Staat ein.

Auch von den Mächten, die uns zu Seelen­sklaven machten, sind wir befreit. Wir müssen nicht mehr den Kopf unterm Arm tragen wegen eines schlechten Gewissens. Uns kann keiner mehr an den Pranger stellen. Keiner kann uns mehr eine Buße aufer­legen. Gehorsam – ein Fremdwort. Dienen?

Die Befreiung vom Dienen und das neue Dienen

Dienen wird mit vielen negativen Vorstel­lungen verbunden:

  • seinen Willen aufgeben,
  • nach der Pfeife eines anderen tanzen,
  • unter­würfig leben,
  • kein Selbst­be­wusstsein haben,
  • ausge­nutzt werden,
  • niedere Tätig­keiten verrichten,
  • Willkür ausge­setzt sein,
  • sich gegen Unrecht nicht wehren können,
  • ausge­beutet werden,
  • zu den unteren Gesell­schafts­schichten gehören,
  • die Drecks­arbeit machen müssen,
  • sich im Leben nichts leisten können,
  • ein unfreier Mensch sein.

Wie haben das nur die Menschen früherer Zeiten ausge­halten, die nicht hoch wohl geboren waren oder sich der Waffen­gewalt anderer geschlagen geben mussten? Hatte das Leben als Sklave, Leibei­gener, Dienst­per­sonal, als Knecht oder Magd überhaupt einen Sinn?

Das Dienen ist indes heute nicht ausge­storben. Aber gedient wird nicht mehr für ein karges Überleben, sondern für Geld. Die Mitar­beiter eines Unter­nehmens oder einer Behörde nennt man “Personal”. Von Dienst-leistungs­un­ter­nehmen, gar von Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft ist die Rede. Aber die zuvor genannten Assozia­tionen mit “Dienen” werden damit nicht in Zusam­menhang gebracht.

Aus dem gehor­samen Dienen ist das Angebot von Diensten geworden. Märkte bewerten die Leistung, die bezahlt wird. Auf den Märkten muss jeder jedem dienen, wenn er Geld verdienen will: der Unter­nehmer seinen Kunden, die Händler den Käufern, die Arbeit­nehmer den Arbeit­gebern, die Selbstän­digen ihren Mandanten oder Klienten, die Auftrag­nehmer den Auftrag­gebern. Wir sind alle in einem unend­lichen Geflecht des Gebens und Nehmens, des einander Dienens, mitein­ander verbunden.

Die Tatsache, dass Dienen über Märkte als Leistungs­tausch anhand von Knapp­heits­graden sich abspielt, ist manchen unheimlich. Insbe­sondere denen, die ihren Vorstel­lungen von Gerech­tigkeit Geltung verschaffen wollen. Ihnen ist es ein Dorn im Auge, dass sich Märkte nicht abschaffen, sondern nur in die Illega­lität drücken lassen, dass sich ihre Vorstel­lungen von einer gerechten Welt nicht mit Staats­gewalt für alle Zeiten erzwingen lassen.

Unbelehrbar trachten sie danach, mit Demagogie und Staats­gewalt wenigstens unentwegt in die Markt­pro­zesse einzu­greifen. Doch kein Mensch verfügt über allum­fas­sendes Wissen und die Maßstäbe absoluter Gerech­tigkeit. Und deshalb hat eine freie Markt­wirt­schaft durchaus mit Gerech­tigkeit zu tun:

  • wenn der Staat für einen fairen Wettbewerb sorgt,
  • wenn eine staats­un­ab­hängige Notenbank den Geldwert stabil hält,
  • wenn das Privat­ei­gentum geschützt wird,
  • wenn es möglichst wenig Barrieren für den Zugang zu den einzelnen Märkten gibt,
  • wenn jedem der Zugang zu den Bildungs­ein­rich­tungen offen steht,
  • wenn es den Markt­teil­nehmern überlassen bleibt, in Freiheit zu entscheiden, mit welchen Eigen­schaften und Fähig­keiten sie am Markt­ge­schehen teilnehmen.

Funkti­ons­tüchtige Märkte sind die Befreiung vom “dienen müssen” feuda­lis­ti­scher Gesell­schafts­struk­turen. Jeder dient jedem. Die Märkte ermitteln den Preis eines Dienstes aufgrund von Angebot und Nachfrage. Als Kunden haben wir Nachfra­ge­macht, als Anbieter müssen wir unseren Kunden zu Diensten sein. Wer als Kunde auftreten will, muss zuvor anderen einen Nutzen geboten haben. Wir müssen nicht “dienen”, wir müssen “verdienen”. Dabei müssen wir uns jedoch der Tatsache bewusst bleiben: Nicht alles lässt sich verdienen.

Das Dienen der Herzen

Es gibt ein Dienen, das sich nicht ohne Schaden für den einzelnen Menschen und die Gemein­schaften, in denen er lebt, kommer­zia­li­sieren lässt. Törichte Eltern wissen da nichts von. Sie zahlen ihren Kindern Geld, wenn sie Arbeiten wie den Rasen mähen, das Auto waschen, das Geschirr einräumen und ausräumen, die Wäsche aufhängen oder andere Hausar­beiten übernehmen. Wie sollen Kinder erfahren, dass es Motive zum Dienen gibt, die man nicht bezahlen kann! Wo sonst – wenn nicht in der Familie – erfährt der Mensch, dass Dienen etwas mit Gemein­schaft zu tun hat?

Leben in Gemein­schaft heißt: Mit gegen­sei­tiger Fürsorge, mit Betei­ligung am gemein­samen Leben, mit Zuneigung zuein­ander, mit dem Einstehen fürein­ander, mit Vertrauen, mit Beschenken, mit Ertragen, mit Freude, Toleranz, Angst, Sorge, Solida­rität, Trost, Hoffnung fürein­ander da sein. Kann man das, was Eltern, was vor allem Mütter für ihre Kinder tun, bezahlen? Dafür gibt es keinen Markt­preis! Törichte Politiker glauben, sie könnten Mutter­liebe durch staat­liche Einrich­tungen und Geldzah­lungen ersetzen.

Wenn die Profes­sio­na­li­sierung in allen Tätig­keits­be­reichen voran­ge­trieben wird, wenn die Arbeits­teilung als Organi­sa­ti­ons­prinzip das Zusam­men­leben mehr und mehr bestimmt, wenn alles Tun und Handeln gleich auf die Chancen einer Vermarktung hin überprüft wird, dann gerät eine Gesell­schaft in Gefahr. Denn ihr kommt die Lebens­ein­stellung des Dienens abhanden, des Dienens ohne Preis, ohne Gegen­leistung, des Dienens allein der guten Tat wegen.

Dienen in Verant­wortung und Liebe zuein­ander ist die Lebens­grundlage jeder Gemein­schaft. Familien sind die Gemein­schaften, die grund­legend für jede Gesell­schaft und den Staat sind. Familien sind bedroht, wenn Staat und Wirtschaft sie mehr oder weniger überflüssig machen.

Wer das verhindern will, muss der unhei­ligen Allianz von Staat und Wirtschaft entge­gen­treten, die Wohlstand zum allei­nigen Lebens- und Staatsziel macht. Es muss Front gemacht werden gegen einen Staat, der sich mit immer neuen Regle­men­tie­rungen, Alimen­tie­rungen und Sanktionen in sämtliche Lebens­be­reiche hinein­schiebt. Es muss Front gemacht werden gegen eine Wirtschaft, die glauben macht, alles im Leben sei zu kaufen. Das Dienen der Herzen lässt sich weder profes­sio­na­li­sieren noch kommerzialisieren.

Als Kinder und Jugend­liche leben und entwi­ckeln wir uns aufgrund der Liebe und Fürsorge, die wir von unseren Eltern, von Famili­en­mit­gliedern, Erzie­he­rinnen und Lehrern erfahren. Menschen brauchen Menschen, die zuhören können, die mit sich reden lassen, die auf andere einzu­gehen vermögen, die Zeit für ihre Mitmen­schen haben, die mit Schwä­cheren rücksichtsvoll umgehen, die auch mit unange­passtem Verhalten zurecht kommen, bei denen im Alltag nicht immer alles ruckzuck gehen muss, beispiels­weise morgens vor dem Aufbruch in den Job, in die Kinder­ta­ges­stätte und die Schule mit den entspre­chenden Fahrdiensten.

Wer unter dem Stress heran­wächst, der von Berufs­tä­tigkeit, staat­lichen Betreuungs- und Bildungs­ein­rich­tungen erzeugt wird, der erhält eine vielfach gebro­chene Erfahrung von Gemein­schaft, von “fürein­ander da sein”, von “einander verstehen”, von gegen­sei­tiger Unter­stützung, von Rücksicht­nahme, von Verläss­lichkeit, von Muße, von Nachsicht mit Fehlern und Schwächen, von Verzeihen, von “wieder gut machen”.

In diesen Eigen­schaften und Verhal­tens­weisen liegt das Unbezahlbare im Leben. Das ist das unver­zichtbare Dienen jenseits der Märkte und staat­licher Fürsorge, ohne das eine Gesell­schaft auf Dauer nicht lebenswert ist.

Leben in der Freiheit gegen­sei­tiger Verantwortung

Politische Führung, die das Dienen dem allge­meinen Wohlstand zuliebe aus den Familien heraus in Insti­tu­tionen wie Kinder­krippen, Kinder­ta­ges­stätten und Ganztags­schulen verschiebt und glaubt, alles profes­sio­na­li­sieren und aus dem Bereich des Unbezahl­baren in den Bereich des Bezahl­baren ziehen zu müssen, unter­gräbt die Lebens­grundlage der Gesell­schaft, zerstört den Geist des unbezahl­baren Dienens.

Ein Staat, der die Menschen von ihren Fähig­keiten der Fürsorg­lichkeit in gegen­sei­tiger Verant­wortung abbringt, schafft eine Mündel­ge­sell­schaft, in der sich das Mitein­ander auf Grill­parties erschöpft. Es kommt nicht darauf an, dass der Staat die unbezahlbare Welt des Lebens mit seinen Gänge­lungs­me­thoden des Subven­tio­nierens und Aufzwingens übernimmt, sondern dass er die Freiräume erhält und schützt, in denen das Unbezahlbare des Lebens wächst und gedeiht.

Dienen gibt dem Leben Sinn. Dienen ist eine Lebens­ein­stellung. Als freie Menschen übernehmen wir im Dienen Verant­wortung für uns selbst und fürein­ander. Das unbezahlbare Dienen sollte das Dienen gegen Bezahlung auf den Märkten durch­dringen und nicht umgekehrt das bezahlte Dienen das unbezahlbare Dienen aufheben oder einschränken.

Wirtschaft kann auf Dauer ohne das unbezahlbare Dienen nicht funktio­nieren. Daher gibt es im Wirtschafts­leben den Grundsatz von Treu und Glauben. Wenn Geschäfte nur noch gegen Vorkasse statt­finden, weil kein Vertrauen herrscht, wird uns vielleicht ein Licht aufgehen. Die Unzuläng­lich­keiten der Welt und die Unvoll­kom­menheit der Menschen werden durch das unbezahlbare Dienen in ihren Folgen gemildert.

Menschen, die einander in gegen­sei­tiger Verant­wortung dienen,

  • neigen nicht so sehr zur Über- oder Unter­schätzung ihrer Person,
  • haben ständig Gelegenheit, ihre Talente und Fähig­keiten in ihr Lebens­umfeld einzubringen,
  • agieren nicht anmaßend, bleiben bescheiden, sind demütig,
  • haben wache Sinne für die Nöte anderer, können selber Hilfe annehmen,
  • können gleicher­maßen Führung übernehmen wie anderen überlassen.

Wer anderen Menschen uneigen­nützig dient, verschenkt sich als Person:

  • Liebens­wür­digkeit,
  • Vertrauen,
  • Höflichkeit,
  • Aufmerk­samkeit,
  • Nachsicht,
  • Verzeihen.

Gemein­schaften, deren Mitglieder aufgrund ständiger Selbst­ver­bes­serung einander dienen, gegen­seitig entwi­ckeln und gemeinsam handeln, gewinnen gewaltige und beglü­ckende Lebens­fä­higkeit. Jeder bringt seine Talente und Fähig­keiten ein. Alle Lebens­be­reiche sind vom Dienen durchdrungen.

Schlechte Vorbilder verderben gute Sitten

Kennzeichen des Dienens ist: Etwas geben, ohne dafür etwas haben zu wollen. Doch manche Menschen geben ihrem Verhalten nur den Anschein des Dienens. Insgeheim erwarten sie eine Gegen­leistung. Beispiele:

  • Politiker begüns­tigen Perso­nen­kreise unter dem Vorwand, soziale Gerech­tigkeit schaffen zu wollen, aber in der wahren Absicht, sich Wähler­gunst zu verschaffen. Das Geld dazu holen sie sich bei den Steuer­zahlern, mit Vorliebe bei denen, auf die sie den Neid der Allge­meinheit lenken.
  • Ehrungen mit bisweilen hoch dotierten Preisen werden insze­niert, bei denen der Geehrte nur der Vorwand ist. Der oder die Preis­stifter wollen sich vielmehr selbst ins Rampen­licht rücken, die eigene Geltungs­sucht befrie­digen und das eigene Geschäft befördern. Dazu bedienen sie sich eines “Promi­nenten”.

Im Alltag gibt es viele Formen des unlau­teren Dienens, des Dienens mit verstecktem Kalkül. Da werden teure Geschenke gemacht, Gefäl­lig­keiten erwiesen, geschmei­chelt, verführt – und irgendwann die Rechnung präsen­tiert. Das bringt manche Menschen dazu, hinter jeder Zuwendung eine Absicht zu vermuten. Die sofort gestellte stille Frage: Was will der von mir? Je nach Einstufung gemäß den eigenen Moral- und Risiko-Einstel­lungen wird die Annahme verweigert, sich revan­chiert, das Prinzip “Eine Hand wäscht die andere” angewendet.

Eine Gesell­schaft kommt ohne uneigen­nüt­ziges Dienen nicht aus. Sie verroht und verarmt, sie verliert den Zusam­menhalt und ihre Identität, wenn alles nur noch auf Wohlstand hin optimiert und als Arbeits­leistung organi­siert wird. Auch die profes­sio­na­li­sierten Lebens­be­reiche wie Kinder­krippen, Kinder­ta­ges­stätten, Schulen, Kranken­häuser und Alters­heime kommen ohne das unbezahlte und unbezahlbare Dienen ihres “Personals” nicht aus. Sie werden sonst unmenschlich.

Menschen müssen sich aufein­ander einlassen, um zu überleben. Das schließt immer Risiken ein: missver­standen, ausge­nutzt und misshandelt zu werden. Auch das Mitein­ander in Unter­nehmen braucht Menschen, die unbezahl­bares Dienen einbringen. Wenn die Mitar­beiter in einer Haltung der inneren Emigration ihre Arbeit verrichten, wird die Firma sich langfristig nicht behaupten können. Eine Firma dagegen, der es gelingt, Identi­fi­kation aufgrund von gegen­sei­tigem Dienen zu schaffen, wird auf ihren Märkten langfristig Erfolg haben.

Das ist wie im Mannschafts­sport: Nur das ständig verbes­serte eigene Können und das Einbringen seiner Person als Dienst und Dienen schweißen ein Team zusammen. Sinnvolles Leben verwirk­licht sich in Selbst­ver­bes­serung, Verdienen durch Leistung und Dienen als unent­gelt­liche Leistung.

Das lässt sich auch christlich formu­lieren: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Wer Gott als die Autorität des Vollkom­menen über der Unvoll­kom­menheit der Menschen anerkennt, gerät nicht in die Gefahr, selbst­herrlich zu werden, bleibt sich seiner Fehler- und Irrtums­fä­higkeit bewusst und mildert sie durch sein Dienen.

Partner­schaft gelingt auf Dauer nur durch Dienen

Dienen heißt auch: Verant­wortung übernehmen. Satte Sklaven können nicht dienen, sie wollen verwöhnt werden, sie verkaufen sich für ihr Wohlleben:

  • Sie entwi­ckeln nicht ihr eigenes Gewissen, sondern lassen sich eines implantieren.
  • Sie eignen sich Wissen nicht durch eigene Anstrengung an, sondern übernehmen das ihrer Vormünder.
  • Sie entwi­ckeln nicht die Fähigkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden, sondern schließen sich der Meinung ihrer Umgebung an.
  • Sie scheuen die Mühen des eigenen Nachdenkens und folgen einfach der Mehrheit.
  • Sie weichen jedem Zweifel aus und glauben den Demagogen.
  • Sie fühlen sich in der Masse wohlig aufge­hoben, lassen sich verführen und
  • schieben jede Verant­wortung von sich.

So entstehen und erhalten sich autoritäre Regime, Diktaturen.

Das Gelingen der Persön­lich­keits­ent­wicklung hin zum Dienen als sinnge­bende Lebens­ein­stellung hängt davon ab, wie wir unser Leben als unsere eigenen Unter­nehmer gestalten. Als junge Erwachsene haben wir dazu die besten Möglich­keiten. Man sollte sie nutzen und sich fragen:

  • Was will ich lernen, studieren, mir an Fähig­keiten aneignen?
  • Welche Talente habe ich und wie kann ich sie entfalten?
  • Welche Eigen­schaften will ich korri­gieren, welche verbessern?
  • Welche Erfah­rungen möchte ich sammeln?
  • Mit wem will ich gemeinsam welcher Sache dienen?
  • Für welche Sache, für welche Idee will ich mich engagieren?

Leben in Partner­schaft erfordert die Bereit­schaft zum Dienen. Der gute Wille muss sich im täglichen Umgang mitein­ander in Gesten, Worten und Taten konkre­ti­sieren. Beste Voraus­set­zungen bringt mit, wer in einer intakten Familie mit Geschwistern groß geworden ist. Das dienende Verhalten in einer Partner­schaft zeigt sich unter anderem:

  • in der Selbstbeherrschung,
  • Aufmerk­samkeit,
  • Ehrlichkeit,
  • Nachsicht,
  • Verzicht,
  • Hingabe,
  • Verläss­lichkeit,
  • in Lob,
  • Anerkennung,
  • Durch­hal­te­ver­mögen,
  • Treue und
  • Bestän­digkeit.

Die mensch­lichen Unzuläng­lich­keiten können auf Dauer nur ausge­glichen werden, wenn sich Partner nicht allein aufgrund ihrer Stärken zusam­mentun, sondern auch ihre Schwächen gegen­seitig akzep­tieren und helfen, sie auszu­gleichen und aufzuarbeiten.

Das schlägt sich unablässig in der gemein­samen Gestaltung des Alltags nieder. Das zuträg­liche Umfeld sowohl für das gemeinsame Wohnen als auch für das Berufs­leben müssen einver­nehmlich entschieden werden. Geschieht das alles von einem der Partner nur halbherzig, staut sich im Laufe der Zeit Konflikt­stoff an. Von lebens­langer Bedeutung ist die Antwort auf die Frage: Wollen wir Kinder? Sie impliziert:

  • Haben wir beide, ich wie mein Partner, die gleiche Lebens­ein­stellung, in die wir die Kinder hinein­nehmen und aus der heraus wir die Kinder erziehen?
  • Sind die Voraus­set­zungen an Zeit, die Kindern zu widmen ist, an Lebens­umfeld, das Kinder für ihr Heran­wachsen brauchen, an Bildungs­ein­rich­tungen, die Kinder zu ihrer Entwicklung nötig haben – ist das alles gegeben?
  • Können wir als Eltern das leisten und sicher­stellen? Sich dabei auf die Hilfe des Staates zu verlassen, ist Mündelmentalität.

Schmet­ter­linge im Bauch genügen nicht

Wenn ein Paar sich entzweit, hört man oft den Satz “Wir haben uns ausein­an­der­gelebt” oder resigniert “Es ging nicht mehr”. Sind Kinder da, sind die Folgen der Trennung nicht abzusehen, sie sind in jedem Fall für alle und besonders für die Kinder belastend. Eine Beziehung als “verliebt sein” drauf los zu leben, ohne dienen zu wollen oder auch gar nicht zu können, ist fatal.

Bei der Entscheidung, sich dauerhaft an einen anderen Menschen zu binden, muss der nüchterne Wahrschein­lich­keits­check, ob man auch ohne Verliebtsein zuein­ander passt, ausschlag­gebend sein. Schmet­ter­linge im Bauch genügen nicht. Der jugend­liche Leichtsinn und Übermut nach dem Motto “Das schaffen wir schon!” ist durchaus sympa­thisch, aber wenn er nicht bei beiden charak­terlich unter­füttert ist, sondern nur unreife junge Menschen zusam­men­führt, ist das Scheitern der Beziehung vorprogrammiert.

Eine Partner­schaft oder gar Familie, die auf Feier­abende, Wochen­enden, Feiertage und Ferien reduziert gelebt wird, birgt die Gefahren des schlei­chenden Verfalls, insbe­sondere wenn das Zusam­men­leben in Alltags­hektik ausartet. Um das zu vermeiden, müssen die äußeren Umstände des Zusam­men­lebens beachtet werden:

  • Wie viel Zeit nimmt die beruf­liche Tätigkeit außer Haus in Anspruch?
  • Kommt Telearbeit infrage?
  • Wie können Wohn- und Arbeitsort angenähert werden?
  • Wie häufig müssen Dienst­reisen unter­nommen werden? Etc.

Wer die negativen Auswir­kungen des Berufs­lebens auf Partner­schaft und Familie in Kauf nimmt und glaubt, man könne das auf Dauer in einem Spagat bewäl­tigen, der irrt sich. Die Erwiderung, man lebe die Zeiten des Beisam­men­seins um so inten­siver und darauf komme es doch an und nicht auf einen routi­niert-langwei­ligen Alltag, geht fehl, weil das “auf Dauer” nicht beachtet wird.

Es wird übersehen, dass die Alter­native nicht routi­niert-langweilig heißt, sondern souverän und gelassen bewäl­tigter Alltag, der auch seine Mußezeiten hat. Gerade Kinder müssen erfahren, dass die Zeiten der Gemein­schaft nicht die Ausnah­me­zeiten von beruf­licher Tätigkeit sind, sondern die Kernzeiten des Lebens.

Damit es nicht zum Ausein­an­der­leben oder zur Unver­träg­lichkeit kommt, müssen die Rahmen­be­din­gungen gemein­samen Lebens hilfreich gestaltet werden. Es gilt, seine Berufs­tä­tigkeit so zu wählen und zu organi­sieren, dass durch flexible Struk­turen das Zusam­men­leben als Paar und Familie erleichtert wird. Es gilt, die Insti­tu­tionen und Einrich­tungen des Staates seiner Lebens­ge­mein­schaft so zuzuordnen, dass sie nahe gelegen und quali­tativ akzep­tabel sind. Entspre­chend muss der Wohnort gewählt werden.

Partner­schaft und Familie sind eine unter­neh­me­rische Aufgabe, die sich nicht an Vormünder, Fachper­sonal und Fürsor­ge­ein­rich­tungen delegieren lässt. Den Zusam­menhalt als Gemein­schaft schaffen Menschen, die dem Dienen in ihrem Leben die Priorität geben.

Es gibt Berufe, die durch ihre Tätigkeit an sich, wenig Lebenssinn geben, beispiels­weise im Sport oder im Showge­schäft. Aber die Art und Weise, wie sie ausgeübt werden, verleihen ihnen oft einen überaus gesell­schafts­dien­lichen Sinn, etwa die Fairness, die beispiel­gebend ist, oder die Lebens­freude, die verbreitet wird. Stars können einer Gesell­schaft hervor­ragend dienen, wenn sie Vorbilder sind für das, was eine Gesell­schaft dauerhaft zusam­menhält und jedem einzelnen wahren Lebenssinn gibt: Dienen.

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